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Modegeschichte

Die Marlenehose

Foto: Marlene Dietrich im Apartment von Hemingway

Marlene Dietrich – Galionsfigur und Namensgeberin

"Es ist ein Etwas über aller Schönheit, Anmut und Begabung, das eine Frau wie Marlene Dietrich so anziehend macht auch für Frauen, ein beunruhigender, nicht restlos in die Kategorie „ästhetisch“ einzuordnender Reiz, dem sich völlig zu entziehen auch dem Widerspenstigen kaum gelingt."
So schreibt Alfred Polgar in seinem Portrait "MARLENE. Bild einer berühmten Zeitgenossin". Doch wer ist diese Frau und was hat sie mit der Geschichte der Mode zu tun?

Früher Beginn der künstlerischen Karriere

Marlene Dietrich (eigentlich Marie Dietrich) wurde im Jahr 1901 in der Nähe Berlins geboren, starb im Alter von 90 Jahren in Paris im Jahr 1992. Berühmt wurde Marlene Dietrich, die schon früh musikalisch ausgebildet wurde und später an der Berliner Hochschule für Musik studierte, als Schauspielerin und Sängerin in den goldenen 20er Jahren des 20. Jahrhunderts.

Nach kleineren Rollen am Theater und im Film gelang ihr im Jahr 1930 der Durchbruch als Hauptdarstellerin Lola in "Der blaue Engel" unter Regisseur Josef von Sternberg. Direkt nach der Premiere des Films verließ Dietrich Deutschland und folgte Josef von Sternberg in die Vereinigten Staaten von Amerika, um dort einen Vertrag bei "Paramount Pictures" zu unterschreiben.

Filmstill: Marlene Dietrich in  "Der blaue Engel"

Eine Frau singt in Männerbekleidung

"Morocco", der erste Film, der mit Marlene Dietrich in den USA produziert wird, ist ein Publikumserfolg. Skandalös ist die Tatsache, dass Marlene Dietrich in "Morocco" in Männerbekleidung singt. Eine Frau im Hosenanzug ist revolutionär und wird von vielen argwöhnisch betrachtet.

Was bis heute als Marlenehose bezeichnet wird, ist eine weite Männerhose, häufig aus Tweed oder Wollstoff, mit geradem Bein, einem breiten Umschlag am Saum und einer Bügelfalte.

Eine Interpretation der Marlenehose

In der aktuellen Kollektion "Murnau" zitiert Galatea Ziss die klassische Marlenehose: eine enzianblaue Hose aus Wolltuch mit weitem, gerade geschnittenen Bein und abgesteppter Bügelfalte.

enzianblaue Marlenehose aus Wolltuch mit weitem Bein und abgesteppter Bügelfalte

Die "geschmacklose Mode" der Marlene Dietrich

Anfang des 20. Jahrhunderts begann sich die Hose als Pyjamahose und Sportbekleidung auch in der Frauenwelt zu etablieren, als Kleidungsstück für den Alltag wurde sie jedoch nicht geduldet. Hosentragende bildende Künstlerinnen und Schauspielerinnen in Film und Theater wurden hingegen als Vertreterinnen eines bestimmten Milieus akzeptiert und schon bald war die Hose bei Frauen aus dem künstlerischen Milieu weit verbreitet.
Für einen Eklat sorgte allerdings die neue Straßenmode Marlene Dietrichs, die 1931 ihr Alltagskostüm gegen einen grauen Herren-Sakko-Anzug eintauschte und darin in großen männlich-selbstbewussten Schritten durch die Straßen ging. Die allgemeine Reaktion darauf war negativ: Dietrichs neue Mode wurde als geschmacklos empfunden.
Einige Schauspielerinnen folgten zwar Dietrichs Beispiel, mussten aber später, wie die Erfinderin selbst, das Verbot der Filmgesellschaft in Kauf nehmen.

Erfolg der Frauenhose

Trotz des Versuchs die Dietrich’sche Mode zu unterbinden, suchte sich diese Kreation ihren Weg in die Gesellschaft und blieb nicht folgenlos: Hosen im "Marlene-Dietrich-Look" wurden vermehrt verkauft, in Modemagazinen wurden verschiedene Modelle vorgestellt. Junge, selbstbewusste Frauen fanden Gefallen an den weiten, burschikosen Hosen und genossen die dadurch gewonnene Freiheit.
Vergeblich schrieben Blätter wie die "Wiener Mode": "Wir haben uns zwar schon an den Anblick sonntäglicher Touristinnen oder Wintersportlerinnen gewöhnt, wollen aber nicht darüber hinwegkommen, dass sich die Kurven gereifter Weiblichkeit keineswegs anmutvoll in die Beschränktheit des dreiteiligen Herrenanzugs fügen."
Nicht nur in den USA, Frankreich und Großbritannien begann die Marlenehose in Mode zu kommen, auch im nationalsozialistischen Deutschland verbreiteten sich Frauenhosen trotz anfänglicher Diffamierung hosentragender Frauen. Spätestens ab den ersten schweren Kriegsjahren 1941/42 wurden Hosen für Frauen anerkannt und sogar von der deutschen Regierung zur Verfügung gestellt.

Auch wenn sich die Hose für Frauen als Arbeits- und Alltagskleidung mehr und mehr durchsetzte und auch allgemein akzeptiert wurde, so sollte noch einige Zeit nach Kriegsende vergehen bis die Hose für die Frau gänzlich in der Gesellschaft angekommen war.
So war Yves Saint Laurent 1966 der erste Designer, der einen Damen-Smoking in seine Kollektion aufnahm, der berühmt wurde als "Le Smoking".

Mit dem Siegeszug der Jeanshose in den 1960er Jahren kam die Hose für die Frau endgültig in der Gesellschaft an.

Marlene Dietrichs Intention Hosen zu tragen

"Nein, nicht um Sensation zu erregen, trage ich Männerkleidung! Ich will auch nicht versuchen, eine Revolution gegen die Frauenkleidung hervorzurufen, obwohl ich sagen muß, daß jede Frau, die einmal versucht hat, Männerkleidung zu tragen, nie mehr zu ihren Frauenröcken zurückkehren wird. Ich bin einfach der logischen Folge der großen Pyjamamode nachgekommen und muß gestehen, daß ich mich niemals angenehmer und besser gekleidet fühlte wie jetzt. (...) Die Öffentlichkeit ist immer über alles Neue entrüstet. Zuerst zeigte ich meine Beine, und die Öffentlichkeit war entrüstet, nun verstecke ich meine Beine, und das entrüstet sie auch. Ich betone nochmals, daß ich eine aufrichtige Vorliebe für Männerkleidung habe und sie nicht deswegen trage, um sensationell zu wirken. Ich finde nur, daß ich in Männerkleidern anziehend wirke. Außerdem gestattet einem diese Kleidung vollkommene Freiheit und Bequemlichkeit, was ich von Frauenkleidern und Röcken nicht behaupten kann."
Marlene Dietrich in: Mein Film. Nr. 381. 1933.

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